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NACHTRAG

   

Arrestbunker im Kellergeschoss – Nachtrag vom 20.05.2024

Zur Ausstellungseröffnung am 20.5.2024 erschienen weitere Zeitzeug:innen, darunter zwei Männer, die als Kinder im Heim mehrmals in einem dunklen, engen Kellerraum des Speichergebäudes, den sie „Bunker“ nannten, eingesperrt wurden, meist jeweils für 3-4 Tage. Bei einem Rundgang durch das Speichergebäude konnten sie diesen Raum anderen Zeitzeug:innen und der Projektleitung zeigen und ihre schrecklichen Erfahrungen mitteilen. Bei den Oral History Workshops wurde von diesem Raum nicht berichtet.

Herr T., im Kinderheim von 1978-84, erinnert sich: „Hier war der Bunker, wo die Kinder eingesperrt wurden, wenn sie Scheiße gebaut haben. Da war ein Betonklotz, die Matratze stand dann immer bei der Wäscheausgabe, und die wurde dann abends hingebracht zum Schlafen. Im Wäscheraum nebenan wurde die Wäsche gemacht und genäht.“ Herr T. betritt den Kellerraum und zeigt, wie eng er damals war. „Hier in der Mitte an der Wand stand der Betonklotz. Und dann hast du hier dein Bett gehabt, deine Matratze. Kein Tageslicht. Du hast hier oben Neonleuchten angehabt, und das war es. Essen wurde gebracht. Also, viermal kamen sie – zum Frühstück, Mittag, Abendbrot und Matratze. Als Toilette hast du einen Eimer gehabt, mit Desinfektionsmitteln.“ Die Kinder waren „nur einzeln, als Strafe“ im Raum, der „immer abgeschlossen“ war. „Mittag hier reingekriegt, musste jeder alleine essen.“ Herr T. wurde damals dafür bestraft, „z. B. wenn ich die Feuerleiter runtergeklettert bin, um zum Bahnhof zu kommen – dann 3, 4 Tage meistens“. „Heimweh ist keine Straftat“, so sein kritischer Kommentar heute. Die Arreststrafe wurde von der Heimleitung entschieden, erinnert Herr T. „Und warst du zu zweit oder zu dritt, dann war der erste 3 Tage im Arrest, dann der zweite, dann der dritte…“.

Herr W. (im Kinderheim von 1964-1968) war auch öfter in diesem „Bunker“ eingesperrt gewesen: „Ich habe immer gerufen: Ich habe Durst. Bringt mal was zu trinken! Aber das hat keiner gehört. Da konntest du an der Tür klopfen wie du wolltest.“ Die Türe ist auch heute noch dieselbe von damals, erinnern sich beide Zeitzeugen.


Prügelstrafen – Nachtrag vom 20.5.2024

Beide ehemaligen Heimkinder berichten von einigen Erziehern (sie erinnerten auch konkrete Namen) geschlagen worden zu sein, mit „Handfeger, Glasfieberstab, Holzbügel,“ berichtet Herr T. Er hatte oftmals grüne und blaue Striemen am Rücken. „Und wehe, du hast das deinen Eltern gezeigt, dann musstest du gleich wieder drei Tage runter in den Strafbunker.“

Herr W. hat beim Heimfonds Entschädigungsleistungen beantragt und erhalten. Er ist bis heute schwer traumatisiert und regelmäßiger Besucher des Offenen Cafés des Projektes für und von Menschen mit Heimerfahrung „Unser Haus“. Herr T. hat auf eine Antragstellung verzichtet. Er kommentiert bei der Raumbegehung sichtlich bewegt seine Eindrücke: „Du siehst es und dann erinnerst du dich – obwohl du damit eigentlich abgeschlossen hast, obwohl du eigentlich gar nicht mehr willst“.


Verlegung in Spezialheime und den Jugendwerkhof Torgau – Weiterer Nachtrag zu Strafen:

Herr O., ehemals Heimkind in Himmelpfort und Zeitzeuge beim Oral History Workshop, hatte berichtet, dass Kindern bei angeblichem Fehlverhalten mit einer Einweisung in einen Jugendwerkhof gedroht wurde. Diese Drohung war für ihn sehr angsterregend. Unter den Ausstellungsbesucher:innen waren einige ehemalige Heimkinder, die tatsächlich mit einer Verlegung in einen Jugendwerkhof oder andere Spezialheime bestraft wurden, so z. B. Frau W.

(siehe Text "Revolte" unter dem Thema "Alltag im Kinderheim -> Aufbegehren und Freiräume".)
(siehe auch Informationen auf der Webseite der Gedenkstätte zum Geschlossenen Jugendwerkhof Torgau)


Postkontrolle

Herr S. (1972 bis 1975 im Heim) erinnert sich an eine generelle Briefkontrolle. Heimlich in den gelben Briefkasten im Dorf gesteckte Briefe, half nicht, weil die Post sie zurück ins Heim schickte.